Herr Ceccarelli vom gleichnamigen Delikatessenladen kann sich seit dem Erfolg der österreichischen Band Wanda nicht beschweren. Seit die Band über Tante Ceccarelli und ihre Amore in Bologna gesungen hat, hat sein Laden noch mehr Zulauf erhalten. Auch wir stehen davor und begutachten die bis zu 40 kg schweren Parmesanlaibe und riesigen Mortadellas. Zeit für eine Kostprobe oder Einkauf bleibt nicht – wir treffen uns gleich mit Sarah von TASTE BOLOGNA*.


Sarah wird uns heute durch Bologna führen und uns die kleinen und großen kulinarischen Köstlichkeiten der Stadt näher bringen. Bologna wird auch „la grassa“ (Die Fette) genannt wegen des üppigen und gehaltvollen Essens, wofür die Stadt berühmt ist. Aber auch viele weitere Namen schmücken die Stadt. Unter anderem heisst sie auch „la rossa“ (Die Rote) wegen der roten Ziegeldächer und der politischen Richtung. Ein anderer Beiname lautet auch „la dotta“ (die Gelehrte) aufgrund der berühmten Universität. Die vielen Studenten der Stadt machen die altehrwürdige Universitätsstadt zeitgleich zu einer sehr hippen, modernen Stadt in der es viel zu entdecken gibt. Wir beginnen unsere Tour am Piazza Maggiore, dem größten Platz der Stadt. Hier steht auch die Basilika San Petronio mit ihrer unvollendeten Fassade. Sie ist die fünftgrößte Kirche der Welt und sollte sogar den Petersdom übertreffen, wenn nicht der Papst Einspruch eingelegt hätte.


Wir spazieren durch verwinkelte Gassen zu unserem ersten Stopp: Die Bar Aroma. Unscheinbar unter einer Arkade versteckt, wäre ich normalerweise sicher daran vorbei gestolpert. In dieser Espressobar kann man nicht nur wunderbar frisch gerösteten Espresso trinken, sondern auch die Spezialitäten des Hauses “Caffè Torinese”(Espresso mit Schokolade) “Caffè di Fior Latte” (Espresso mit Pannacotta) und “Caffè al Zabaglione” (Espresso mit Zabaionehaube) verkosten. Ein unglaubliches Geschmackserlebnis am frühen Morgen. Wir erfahren, dass “Zabaglione” in dieser Bar erfunden wurde und vormals gerne von Arbeitern getrunken wurde, da es immer frische Eier gab und diese mit Zucker Energie für den harten Arbeitsalltag lieferten. Das Glas Wasser zum Kaffee trinkt man vor dem Genuss des Kaffees um die Geschmacksknospen auf das Getränk einzustimmen. In Italien ist es darüber hinaus unüblich, die Kaffeepause im Büro zu halten, sondern man entflieht ein paar Minuten der Arbeit, um in eine Espressobar zu gehen. Und so kommt es auch, dass in erster Linie Stammpublikum in der Bar Aroma verkehrt. Man kennt und schätzt sich und ohne große Fragen werden die gewünschten Kaffeespezialitäten über den Tresen gereicht.


Nach dem Koffeinkick geht es weiter zum Mercato delle Erbe – dem Markt der Kräuter. In dem überdachten Markt werden nur Produkte angeboten, die aus der Region Bolognas stammen. Im Sommer kann man bisweilen Mangos und Kiwis kaufen, die in der Emilia-Romagna angebaut werden. Wir verkosten feinstes Oliven- und Trüffelöl, das vor den Toren der Stadt produziert wird und lassen uns durch die Markthalle treiben.



Am Ausgang queren wir die Strasse und stehen vor einem kleinen Laden, aus dem heisse Wasserdämpfe und das aufgeregte Lachen einiger Frauen heraus wabern. Wir stehen vor dem Laden Sfoglione in dem allerfeinste Tortellini mit Mortadella-Fleisch Füllung, Tortelloni mit Ricotta und Lasagne mit Zucchiniblüten hergestellt werden. Wir versuchen uns an der Herstellung kleinster Tortellini und scheitern mit unseren offenbar zu dicken Fingern an den winzigen und filigranen Teigquadraten. Einer Legende nach sollen die Tortellini den Nabel der römischen Liebesgöttin Venus nachempfunden sein. Unglaublich, dass vor Weihnachten oder anderen wichtigen Festtagen bis zu 80kg dieser kleinen Kunstwerke pro Tag von den zierlichen Damen hergestellt werden



Immer weiter spazieren wir durch das Gassenwirrwarr, lassen uns von Düften verzaubern und wunderbar drapierten Gemüse verführen.


Die nächste Station bringt uns zum Traditionsmetzger Simoni, wo wir verschiedenste Wurst- und Käsesorten und Oliven einkaufen. Damit gehen wir zur Osteria del Sole, der ältesten noch bestehenden Osteria Bolognas. Seit 1465 kann man in dieser einzigartigen Weinschenke sein eigenes Essen mitbringen, wenn man die Getränke vor Ort kauft. In der Osteria hat man das Gefühl die Zeit sei stehen geblieben. Man sitzt an dunklen, schweren Tischen. Kaum ein Sonnenstrahl findet durch die Fenster ins Innere. An den Wänden hängen vergilbte Fotos und Dokumente längst vergangener Zeit. Wir packen unsere Einkäufe aus: Mortadella, Prosciutto, 36 Monate gereiften Parmesan, viele Jahre alter Aceto Balsamico, Oliven, getrocknete Tomaten und saftigen Reiskuchen von den Pasta-Damen. Hochwertige Produkte, einfache Zutaten, ein absoluter Hochgenuß.



Nach dem Essen spazieren wir weiter durch die Stadt, unermüdlich durch kilometerlange Arkadengänge. An die 52 Kilometer dieser Arkaden erstrecken sich durch die Stadt, schützen vor Hitze und Regen und verbinden Plätze und Kirchen miteinander. Schon sind wir am letzten Stopp angekommen: Der Cremeria Santo Stefano. Wir kosten uns durch alle möglichen Sorten: Pistazieneis als Sorbet – so cremig gerührt als wäre Sahne darin. Weisses Kaffeeeis und fruchtiges Orangensorbet. Dieses Eis sollte nicht unser letztes in Bologna sein. Wir schafften 6 Eisläden in 3 Tagen. Das beste Eis erkennt man übrigens daran, dass es nie offen in der Theke liegt, sondern versteckt in kleinen silbernen Behältnissen mit Deckel. Je kleiner diese Behältnisse sind, desto besser. Dies bedeutet, dass das Eis mehrmals am Tag frisch gemacht wird. Sehr gutes Eis haben wir desweiteren in der Gelateria Galliera gegessen. Das Pistazieneis war perfekt geröstet und das Zitroneneis war eine regelrechte Geschmacksexplosion. Wer richtig gutes Vanilleeis essen möchte sollte sich zur Sorbetteria Castiglione aufmachen, da diese Weltmeister in der Zubereitung von Vanilleeis sind.


Um zwischen den vielen Köstlichkeiten wieder etwas Appetit zu bekommen, empfiehlt es sich einfach durch die Stadt treiben zu lassen. Bologna ist rein äusserlich betrachtet keine grüne Stadt, aber wenn man sich in Hinterhöfe wagt, kann man sein grünes Wunder erleben. Einmal im Jahr öffnen auch die nicht öffentlich zugänglichen Gärten der Stadt ihre Pforten für staunende Betrachter.
Zum Abend hin, beginnt in Bologna die Aperitivo Zeit. Sehr guten Aperitivo bekommen man in der Bar Camera a Sud, eine großartige, kleine Bar. An lauen Sommerabenden kann man gemütlich am vorgelagerten Platz sitzen. Eine andere schöne Bar ist La Stanze, die in einer alten Kirche beheimatet ist. Am ersten Abend gehen wir gleich neben dem La Stanze in ein Restaurant, dem Va Mo Lá, das auch viele vegetarische Speisen in der Karte aufweist. Als Vorspeise bestellen wir uns Crostini mit unterschiedlichen Saucen z.B. aus Oliven oder Tomaten mit Zwiebeln, dick und süß wie Marmelade. Nehmt die Warnung des Kellners ernst, die scharfe Sauce erst zum Schluss zu probieren. Wir bestellen grüne Lasagne und Tagliatelle al Ragù, geniessen die quirlige Stimmung auf der Strasse sowie den lokalen Wein und Lambrusco.


Am nächsten Tag laufen wir einfach los, verköstigen uns mit Espresso in einen der vielen Bars der Stadt und erobern die Stadt wieder zu Fuß. Ist man in der Nähe der Via Piella, haltet nach einem Fenster in der Wand Ausschau. Dahinter findet sich einer der letzten Kanäle der Stadt und man wähnt sich in Venedig zu sein.


Ganz in der Nähe befindet sich der Mercato Ritrovato, der immer Samstags stattfindet. Er befindet sich im Hinterhof der Bologner Filmbibliothek und es gibt neben vielen lokalen Bioprodukten, auch Snacks und Getränke zu kaufen. Für einen Snack sollte man unbedingt ein Piadina, eine lokale Spezialität probieren. Ein Piadina ist ein dünnes Fladenbrot, das ohne Fett in einer Pfanne gebraten und mit verschiedensten Köstlichkeiten gefüllt wird. Die besten Piadine gibt es im kleinen Laden la Tua Piadina, der mit viel Herzblut von den Inhabern geführt wird. Um für das Abendessen wieder etwas Appetit anzutrainieren spaziert man den wunderschönen 4 km langen Weg zur Basilica di San Luca und kommt im Sommer dabei gut ins Schwitzen. Der Spaziergang führt unter der längsten Arkade der Stadt direkt zu der Kirche. Seit kurzem ist auch die Kuppel der Kirche für die Öffentlichkeit geöffnet und beschert wunderbare Ausblicke auf Bologna.


Abends gehen wir in die Osteria dell’Orsa (der Bär), ein entspanntes Studentenlokal mit sehr guter Küche und Preisen. Die Tagliatelle al ragù sind eine Spezialität des Hauses und trotz wechselnder Karte immer zu haben. Reservierungen sind nicht möglich, aber kurze Wartezeiten lassen sich mit einem Glas Vino gut überbrücken. An unserem letzten Abend haben wir per Zufall noch ein besonderes Highlight gefunden: Die Trattoria La Montarana, ein kleines Lokal mit noch kleinerem Aussenbereich und Karte. Wir entscheiden uns für karamellisierten Fenchelsalat und Mousse di Mortadella, dazu eine Flasche Lambrusco Otello Ceci aus der Emilia Romagna. Eine wunderbare Entscheidung! Wir genießen das Essen, freuen uns über die unterschiedlichen Arten von Brot die dazu gereicht werden und lauschen dem Singsang der Inhaberin, die jeden Gast persönlich begrüßt. Zum Hauptgang essen wir Tortelloni mit Zitronen-Ricotta Füllung und die obligatorischen Tagliatelle al ragù. Beides eine kleine Geschmacksexplosion im Mund. Die Torta di riso kann leider nicht mit dem Reiskuchen der Pasta-Damen mithalten, ist jedoch nur minder köstlich. Reservierung ist ein absolutes Muss. Während unseres Abendessens mussten im Minutentakt Leute weggeschickt werden.
Drei Tage Bologna haben bei weitem nicht gereicht um alle Lokale und Spezialitäten zu probieren. Dafür halte ich jetzt meinen persönlichen Rekord in Gelati Essen und habe eine leichte Sucht nach Piadine entwickelt.
Ciao bella Bologna! Bis zum nächsten Mal!
*Ich wurde von Taste Bologna zu einer “Classic Bologna Food Tour” eingeladen, dies hat jedoch keinen Einfluss auf meine Meinung und Empfehlungen.